Weinbau im Passeiertal? Warum nicht?
Vieh- und Milchwirtschaft haben im Passeiertal schon lange Tradition. Deshalb prägen neben den Nadelwäldern saftig grüne Wiesen das Landschaftsbild. Einige flach, einige so steil, dass deren Bewirtschaftung für Außenstehende nur schwer vorstellbar ist. Auf der alljährlichen Viehversteigerung in St. Martin kann man sich von der Leidenschaft und dem Wissen der Talbauern ein gutes Bild machen. Geht es nach Konrad Pixner, kann der Weinbau in Zukunft eine mögliche Alternative darstellen. Der junge Kellermeister der Kellerei Unterwirt sitzt uns beim Treffen im Gastbetrieb Unterwirt in St. Martin salopp mit T-Shirt und kurzen Hosen gegenüber. Bereits nach kurzer Zeit fällt uns sein reichhaltiges Wissen zum Thema Wein auf, welches er sich in den vergangen Jahren bei namhaften Produzenten in Bordeaux, Portugal, Südafrika, Neuseeland und Südtirol angeeignet hat. Vor allem sein Tatendrang und seine Visionen für das Passeiertal beeindrucken uns: „Das Klima ändert sich und auch die Ansprüche sind andere geworden. Durch die Halbierung der Erträge reifen die Trauben auch in höheren Lagen gut ab.“ Trotz des relativ vielen Regens habe Passeier das Zeug zu einer guten Weinregion und stelle gegenüber der momentan sehr kriselnden Milchwirtschaft eine gute Alternative dar, ist Konrad Pixner überzeugt. Dass dies durchaus realistisch ist, hat in Südtirol bereits das klimatisch raue Eisacktal bewiesen. Es konnte sich mit ihren frischen mineralischen Weißweinen in Südtirol, aber auch auf dem italienischen Markt sehr gut etablieren. Zudem weisen alte Flurnamen darauf hin, dass es irgendwann bereits Weinbau in Passeier gegeben haben muss: Weingartweg, Rebeneck oder Heiligblutsacker. Wahrscheinlich bremsten Rebkrankheiten wie die Reblaus und der Mehltau den Weinbau im Tal aus, vermutet Konrad Pixner.
Bereits während seines Masterstudiums an der Europäischen Weinschule in Montpellier war für ihn klar, irgendwann einen Wein aus Passeirer Trauben zu machen. Aus einem kleineren Weinberg in St. Martin, oberhalb der Dorfkirche, keltert er für die Kellerei Unterwirt bereits einen Solaris und einen Zweigelt. Diese werden aber (noch) ausschließlich in den eigenen Gastbetrieben ausgeschenkt. Für Konrad Pixner erst ein Anfang: „Wenn ich auf den Berg gehe, fotografiere ich alles ab und schaue mir das genau an, wo würde es gehen, wie und wie hoch.“ Erste Schritte sind bereits getan. Auf mehreren Lagen hat er vor kurzem Weißweinreben angepflanzt, vorerst noch zu Versuchszwecken. Eine davon ist eine sonnige Steillage oberhalb von St. Leonhard, auf zirka 1000 Höhenmeter. „Die Lagen haben Potential“, erklärt er. Die pilzwiderständigen Reben befinden sich momentan im Stockaufbau und müssen sich erst noch beweisen. Mit den pilzwiderständigen Sorten möchte Konrad Pixner vor allem die hiesigen Bauern an den Weinbau heranführen: „Es fehlt noch der Bezug der Bauern zu einer Rebe, zum Pflanzenschutz.“ Doch das Interesse sei da, freut er sich, wobei man aber nichts überstürzen dürfe, denn die Kosten seien nicht ganz unerheblich und auch der Arbeitsaufwand im Juni und Juli sei oft schwierig mit den Heuarbeiten oder dem Urlaub vereinbar.
Einen weiteren Schritt setzte er mit der Gründung seiner eigenen Kellerei, der Bergkellerei Passeier. Zwei Weine hat die Kellerei bereits auf den Markt gebracht, einen vielschichtigen Sauvignon Blanc und einen saftigen Cabernet Franc. Die Trauben für den Sauvignon bezieht Konrad Pixner aus Dorf Tirol, gekeltert wird er aber in St. Martin. Mehrere Lesegänge waren notwendig, damit der Sauvignon den Vorstellungen des jungen Kellermeisters entsprach. Dass bei einem solchen Unterfangen alles gut geht, braucht es auch ein wenig Glück: „Bei drei Lesegängen und Spontangärung kann man nicht alles planen, das kann auch in die Hose gehen. Während der Gärung habe ich sehr gelitten, habe fast schon gebetet unter dem Tank, dass der Wein durchgärt“ erzählt er rückblickend. Und er gor durch. Der Cabernet Franc aus der Linie Rebello hingegen ist ein Gemeinschaftsprojekt mit seinem ehemaligen Mitstudenten Lucas Pfister aus Argentinien – die Trauben dazu stammen aus Branzoll. Dieser Rotwein soll sich, wie der Name schon sagt, von den anderen Südtiroler Weinen durch seine Eleganz und seinem Zug auf dem Gaumen unterscheiden und wird unüblich in einer 0,5-Liter-Flasche abgefüllt. Für Konrad Pixner spielt neben der Lagenwahl die Erntemenge und der Erntezeitpunkt die wichtigste Rolle für einen hochwertigen, langlebigen Wein. Diese Philosophie merkte man auch seinem dritten Gemeinschaftsprojekt an, einem wuchtigen Sauvignon Blanc mit Holzausbau der Linie Rebello. „Das was der Sauvignon in der Nase gibt, muss er im Mund halten, sonst ist man meiner Meinung nach enttäuscht“ erklärt er bestimmt. Die Fassprobe des Sauvignon Rebello überzeugt uns in der Nase und im Mund. Weitere Weinprojekte laufen bereits. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Bergkellerei Passeier und der Weinbau im Tal unter den Bemühungen von Konrad Pixner entwickeln werden.
Bergkellerei Passeier
Sauvignon 2015
So köstlich und komplex kann ein Sauvignon sein. Reizvoller Duft nach Grapefruit, reifer Birne und dezenter Brennesel. Saftig und vollmundig mit schöner Länge.
Bergkellerei Passeier
Rebello rot 2015
Der reinsortige Cabernet Franc wurde nur im Stahl vergoren und ausgebaut. Intensiv reife Walderdbeere und Kirsche, feine Eukalyptusnote, animierend. Beeindruckende Eleganz und Saftigkeit.